Konflikte

Nach der Öffnung der Grenze zwischen den beiden deutschen Staaten und dem Zusammenbruch der Sowjetunion schien es, als sei der große Ost-West-Konflikt, der die Welt der Nachkriegszeit im 20. Jahrhundert beherrscht hatte, erledigt. Heute, mehr als eine Generation nach diesen historischen Vorgängen zeigt sich, dass in der Folge dieses einen grobschlächtigen, dafür aber greifbaren Universalkonfliktes zahllose Einzelkonflikte entstanden sind. Auch heute noch bilden sich in diesem Zusammenhang kontinuierlich neue Konfliktherde.

Die moralische Bewertung, die früher so einfach abzugeben war – wir im Westen die Guten, die im Osten die Bösen – ist komplexer geworden. Nicht alles was aus dem Westen kommt, ist immer gut, und vielleicht ist es sogar so, dass nicht alles, was aus den Gebieten der ehemaligen Sowjetunion kommt, unbedingt immer schlecht ist. 

Wir leben in einer Zeit, in der wir lernen müssen, eine ganzheitliche Sichtweise einzunehmen, um konstruktiv mit Konflikten umgehen zu können. Die Nationen der Erde, die Zivilisationen dieses Planeten sind so weit zusammengewachsen, dass es bald keine Pufferzonen zwischen den verschiedenen Interessensphären mehr geben wird. Es ist heute keine Utopie mehr zu sagen, dass es in naher Zukunft tatsächlich nur noch eine planetare Union geben wird. Der Weg dorthin lässt sich nur friedlich beschreiten, wenn wir alle lernen, konfliktfähig und – ja, auch konfliktbereit zu werden. Wer einmal erlebt hat, wie befreiend die wirkliche Lösung eines Konfliktes ist, kennt das Ausmaß an Energie, die in einem solchen Prozess freigesetzt werden kann. Umgekehrt binden Konflikte aller Art unsere seelischen und geistigen Kräfte. Egal, ob im Großen auf der Weltbühne oder im Kleinen in unserem Alltag, die Lösung unserer Konflikte birgt ein ungeahntes Potential an Möglichkeiten.