Non merci, je ne suis pas Charlie - Für mehr Respekt und Toleranz
Der Ausschluss von nicht hoheitlicher Gewalt zur Durchsetzung von persönlichen Ansprüchen oder eigenen Interessen ist ein Grundpfeiler unserer westlichen Demokratien. Gewaltfreiheit ist eine Errungenschaft unserer Zivilisation, die wir beständig hegen und pflegen müssen. Wenn wir miterleben, wie mit martialischer Gewalt Leben ausgelöscht wird, ist es richtig und wichtig, dagegen Stellung zu nehmen. Auf der anderen Seite gibt es immer viele Aspekte, die wir an einem bestimmten Ereignis in Augenschein nehmen können. Was wir in Europa beispielsweise als eine Zeichnung wahrnehmen, die uns zum Lachen bringt, mag einen Gläubigen in der islamischen Welt in seinen religiösen Gefühlen sehr verletzen. Natürlich rechtfertigt dies in keiner Weise die Anwendung jedweder Gewalt. Aber es mag uns Europäer zum Nachdenken anregen, und wir könnten uns (wieder einmal) die Gretchenfrage stellen: "Wie hälst Du's mit der Toleranz, Europa?" Denn die Toleranz tragen wir ja gerne - neben unserem Exportartikel Demokratie - als Monstranz vor uns her durch die Welt. Wir haben uns die Toleranz auf unsere Fahnen geschrieben, die wir schnell ins Feld und seit neuestem auch wieder ins Schlachtfeld führen, wenn es um die Errettung der Unterdrückten in anderen Kulturen geht. Sei es in Afghanistan, im Irak oder in Libyen. Wobei wir gerne differenzieren: Wer interessierte sich schon bis vor Kurzem für die Thematik der freien Meinungsäußerung oder der Rechte der Frauen in Saudi-Arabien, einem unserer geschätzten Verbündeten? Jede Mediation steht und fällt mit der Fähigkeit zur Einsicht aller Beteiligten in die Interessen und Bedürfnisse des Anderen. Welche sind die Bedürfnisse Tausender junger Menschen, die religiösen Fanatikern im Mittleren Osten in die Hände fallen? Sicher nicht ein Bedürfnis zu töten. Tatsächlich geht es hier um menschliche Grundbedürfnisse wie das Bedürfnis nach Anerkennung und nach Sinn. Es geht darum, dass wir in Europa unseren Gesichtskreis erweitern, andere Kulturen verstehen, akzeptieren und respektieren lernen. Es geht darum zu verstehen, dass die Welt immer näher zusammenrückt. Es genügt nicht, Soldaten in die Welt zu senden, um unsere westlichen Werte zu verteidigen. Vielleicht ist es gut, wenn wir wieder sehen, was es bedeutet, wenn etwas „heilig“ ist, egal ob für uns oder für andere, egal ob wir einer Kirche angehören oder nicht. Manch ein Denker, Kulturanthropologe oder Psychologe hat ein Problem darin erkannt, dass mit dem Ende der Renaissance und dem Beginn der Neuzeit die „Magie“ und alles „Heilige" aus dem gesellschaftlichen Bewusstsein verschwunden ist. Non merci, je ne suis pas Charlie, je suis le respect et la tolérance.
Test
Test Januar 2015